Praxis Dr. Peter Rothdach
Praxis Dr. Peter Rothdach

Große Neuraltherapie nach Dr.med. HUNEKE

Zusammenfassung für Eilige:

Die Neuraltherapie ist eine Injektionstherapie mit Lokalanästhetica (in der Schulmedizin zur örtlichen Betäubung vor operativen Eingriffen verwendet). Man spritzt entweder lokal an einen Erkrankungsherd oder indirekt über Haut, Nerven oder tiefer liegendes Gewebe, um über Reflexe Einfluß auf erkrankte innere Organe auszuüben (sog. Segmenttherapie) oder an Herde und Störfelder (z.B. chronisch entzündete Mandeln, Narben etc.), um Fernwirkungen auf erkrankte Organe auszuüben (sog. Störfeldtherapie). Der Zusatz "Groß" bedeutet, daß nicht nur einfache Anwendungen wie Quaddeln oder muskuläre Injektionen, sondern auch komplizierte Injektions-techniken (z.B. an Ganglien) beherrscht und angewendet werden.

Wenn eine Krankheit durch ein Störfeld verursacht ist, gibt es keine Alternativen zur Neuraltherapie.

 

Sie geht auf die 1928 (Wirkung von intravenös verabreichten Lokalanästhetica) und 1940 (Fernwirkungen von lokalanästhetischen Injektionen) von den Düsseldorfer Ärzten Gebrüder Dr.med. Ferdinand und Dr.med Walter HUNEKE entdeckten therapeutischen Grundeffekte zurück und wurde im Laufe der Jahrzehnte systematisch weiterentwickelt.

Die ursprüngliche Entdeckung beruht eigentlich auf einem "Versehen": Bei einem Familientreff bekam die HUNEKE-Schwester einen ihrer bekannten Migräneanfälle, die man üblicherweise mit einer Injektion des Schmerzmittels Atophanyl (mehr schlecht als recht) in den Griff bekam. Von diesem Mittel gab es 2 Versionen, eine für die intravenöse, eine andere für die intramuskuläre Injektion. Letztere war, um den lokalen Injektionsschmerz zu mildern, mit dem damals schon bekannten lokalen Betäubungsmittel Novocain (internationaler Name heute: Procain) vermischt. Dieses Mittel injizierte Ferdinand HUNEKE versehentlich in die Vene, um anschließend zur Verblüffung von Arzt und Patientin einen vorher nie wahrgenommenen durchschlagenden Erfolg festzustellen. Man wiederholte beim nächsten Migräneanfall die intravenöse Spritze, diesmal aber nicht mit Atophanyl-Novocain, sondern mit Novocain alleine: Jetzt wieder mit dem gleichen durchschlagenden Effekt. Damit war die "Neuraltherapie nach HUNEKE" geboren. Die Brüder HUNEKE verfolgten den entdeckten Heileffekt systematisch und stellten fest, dass das Nococain nicht nur eine (allgemein bekannte) lokal betäubende und schmerzstillende, sondern auch eine entzündungswidrige, antifokale, antiallergische, durchblutungsfördernde und allgemein das Matrix-System regulierende Wirkung besitzt. Sie erweiterten die Arten der Injektion auf nahezu allen Gewebe (mit Ausnahme des Gehirns), besonders auf Muskeln, Sehnen, Gelenke, Haut, Bauchfell, Blutgefäße und alle Arten von peripheren Nerven, insbesondere auch auf sogenannte Ganglien (Nervenknoten des Sympathicus und Vagus) mit einer intensiven Wirkung auf das von ihnen versorgte Gebiet von Organen. Schließlich entdeckten sie auch Fernwirkungen: Die Injektion eines Novocain-Präparates konnte Wirkungen an ganz anderen Körperpartien auslösen; erstmals entdeckt wurde dieser Effekt bei einem Patienten mit einer äußerst schmerzhaften Schulter-Kapsel-Arthritis nach Injektion an eine alte Narbe am Unterschenkel, die von einer Knochenmarkseiterung herrührte. Da solche Effekte manchmal (freilich nicht immer) in Sekundenschnelle eintreten, nannten sie das ein "Sekundenphänomen".

Wissenschaftlich untermauert wurde die Neuraltherapie durch die Erforschung der Elektrophysiologie erregbarer Strukturen, speziell durch die Entdeckung der Hyperpolarisierung von Zellmembranen durch Lokalanästhetica (z.B. FLECKENSTEIN), ferner durch die Forschungen des an der Universität Wien tätigen Matrix-Forschers PISCHINGER (Ordinarius für Anatomie und Embryologie) und seiner Schüler KELLNER und FLEISCHHACKER und der Kliniker BERGSMANN und PERGER.

 

Heute gibt es eine ganze Reihe von Lokalanästhetica, die aber alle 2 Gruppen angehören: Die Ester-strukturierten (Hauptvertreter: Novocain = Procain) und die Amid-strukturierten (Hauptvertreter Lidocain = Xylocain). Ich persönlich habe schon vor 15 Jahren heraus gefunden und auch veröffentlicht, dass man beide Gruppen von Lokalanästhetica sinnvoller Weise typ-gemäß anwenden sollte: Procain und seine Verwandten mehr für den W-Typ nach CURRY geeignet sind (das sind eher breitwüchsige, breitnasige Menschen (sog. Pykniker)), während sich das Xylocain und seine Verwandten eher für K-Typen eignet (das sind eher hagere oder zarter gebaute, schmalnasige sog. Astheniker).

Die Indikation ist nicht nur für die Schmerztherapie gegeben, sondern auch für alle chronisch-dysregulatorischen Prozesse, chronische Entzündungen, Durchblutungs-störungen, vegetative Störungen, Autoimmunprozesse u.a.mehr. Diese in der Fachliteratur vielfältig beschriebenen Wirkungen sind anscheinend weniger bekannt, begründen aber den guten Ruf der Neuraltherapie nach HUNEKE gerade bei chronischen und auf andere Maßnahmen nicht ansprechenden therapieresistenten Leiden. Die Neuraltherapie nach HUNEKE ist lange aus dem rein empirischen Stadium heraus und wird auf der ganzen Welt in der HUNEKEschen Originalform von Tausenden von Ärzten praktiziert. Die größte Fachgesellschaft in Europa ist die Internationale medizinische Gesellschaft für Neuraltherapie nach HUNEKE / Regulationstherapie mit Sitz in Freudenstadt.

 

Ich persönlich praktiziere die Neuraltherapie nach HUNEKE schon seit Jahrzehnten, beginnend in meiner Klinikzeit 1967. Am Garmischer Kreiskrankenhaus löste ich bei einer Patientin mein erstes Sekundenphänomen aus: Nach Injektion an eine Felsenbein-Narbe hinterm Ohr war eine Patientin viele Wochen lang von einem schmerzhaften Halswirbelsäulen-Syndrom befreit. Eine Wiederholung reichte für Monate aus. Die Sache erregte damals Aufsehen: Als ich vom Pfingsturlaub wieder zurück kam, sagte der Chefarzt: "Der Oberspritzer ist wieder da".

Nach meinen ersten neuraltherapeutischen Lehrjahren (die Kenntnisse hatte ich mir von Lehrbüchern, aus Kursen und autodidaktisch erworben) lernte ich viele mir noch nicht geläufige Injektionstechniken bei Prof.Dr.Franz HOPFER (einem unmittelbaren Schüler der HUNEKEs) in Wien, den ich als meinen "neuraltherapeutischen Firmpaten" bezeichnen kann. Dr.Walter HUNEKE hatte ich noch das Glück persönlich zu kennen, während Ferdinand H. 1967 schon tot war. Dagegen hatte ich noch Gelegenheit, viele HUNEKE-Schüler der ersten Stunde (wie BERGSMANN und KELLNER) persönlich kennen zu lernen und Erfahrungen mit ihnen auszutauschen.

 

In meiner Praxis gehört die HUNEKE-Methode in Form der "großen Neuraltherapie" zu den Hauptverfahren, die ich tagtäglich an den meisten Patienten praktiziere. Allgemein gehört die Neuraltherapie heute zur Grundausbildung bei der Weiterbildung zur Erlangung der Zusatzbezeichnung "Naturheilverfahren". Da die Methode technisch nicht ganz einfach ist (wie z.B. die Technik der Ganglien-Injektionen) und auch nicht jedem liegt, wenden sie aber nicht alle Ärzte dieser Richtung auch an oder machen das höchstens in Form einer "kleinen Neuraltherapie" mit den einfacheren Injektionen.

Systematisch unterscheidet man die

 

* Segmenttherapie,

bei der entweder lokal in ein Organ direkt (z.B. Schilddrüse, verspannte Muskulatur) oder in den Bereich gespritzt wird, der Reflexbeziehungen zu einem inneren Organ hat (z.B. in Haut-Reflexzonen über der Galle, ans Bauchfell über dem Uterus oder in den Solarplexus, das ist ein vegetatives Nervengeflecht, welches die Oberbauchorgane nerval versorgt)

 

* Störfeldtherapie

Hierbei wird in ein Organ oder in die Nervenversorgung eines Organs gespritzt, das im Verdacht steht, ein Störfeld zu sein und eine irritierende Fernwirkung auf den restlichen Organismus auszuüben. Häufig spritzt man etwa in die Pole der Gaumenmandeln, an Reflexzonen der Nasennebenhöhlen oder in Narben. Wenn eine Krankheit durch ein Störfeld bedingt ist, gibt es übrigens keine Alternativen zur Neuraltherapie. Die Störfeld-Möglichkeiten kann man durch Meßverfahren wie die Thermographie ausfindig machen oder einengen. Auch kranke Zähne können sehr irritierende Störfelder sein. Manchmal kann man sie mit neuraltherapeutischen Injektionen, zumindest eine Weile, entstören. Öfters ist es leider auch nötig, sie zu entfernen. Eine Wurzelbehandlung oder Spitzenresektion ist in der Regel keine gute und dauerhafte Lösung der Zahnherdsanierung, sondern eher ein Kompromißlösung auf Zeit.

Wichtig:

Die Neuraltherapie ist, vom Geübten praktiziert, gefahrlos. "Nebenwirkungen" sind gelegentlich blaue Flecke an Injektionsstellen und, falls in einer Sitzung mal überdurch-schnittlich viel gespritzt wird, ein Gefühl des "Beschwipst-Seins", das aber meist nur 15 Minuten anhält. Grundsätzlich verwende ich für diese Therapie nur Einmal-Material, um eine Übertragung von Infektionen sicher zu vermeiden. Wenn bei einer Injektion mal ein tiefer gelegener Bluterguß entsteht, kann das für ein paar Tage ein Druckgefühl erzeugen, bis das Blut vom Kreislauf wieder aufgesogen wird. Die verwendeten Lokalanästhetica sind in den üblichen Dosen ungiftig. Im Falle der (seltenen) Allergie auf Procain (Novocain, Impletol) weicht man - hier unabhängig vom Konstitutionstyp - auf andere Mittel aus wie etwa Lidocain /Xylocain.

Zur "Verjüngungstherapie" nach ASLAN: Von der rumänischen Ärztin Prof. ASLAN wurden seit den 50-er-Jahren (lange nach der Entwicklung der Neuraltherapie durch die HUNEKEs) sogenannte Verjüngungseffekte durch Procain (sie nannte den Stoff "H3") beschrieben, unter anderem ein Rückgängigmachen des Ergrauens von Haaren und ein antisklerotischer Effekt auf die Gefäße. Da es sinnlos ist, das Original-Procain zu schlucken, weil die Abbaugeschwindigkeit höher ist als die Resorptionsgeschwindigkeit, stellten einige Pharmafirmen Ersatzpräparate zur oralen Einnahme her, kombiniert mit Vitaminen. Die Effekte dieser Präparate sind zweifelhaft. Falls das Procain eine verjüngende Wirkung haben sollte, kann man das mit der Neuraltherapie gerne in Kauf nehmen. ASLAN selbst machte bei ihren Patienten allerdings Spritzenkuren damit (in den Gesäßmuskel). Wir sind trotz ASLAN der Meinung, dass das gezielt „an die richtigen Stellen" gespritzte Procain wirksamer ist als simple i.m.-Spritzen ins Gesäß.

 

Literaturauswahl: Peter DOSCH, Lehrbuch der Neuraltherapie n. HUNEKE, 14.Auflage (!), HAUG-Verlag, Ulm; Hans BAROP, Lehrbuch und Atlas der Neuraltherapie, HIPPOKRATES-Verlag - Stuttgart; Lorenz FISCHER, Neuraltherapie nach HUNEKE, HIPPOKRATES-Verlag - Stuttgart. Abgesehen von diesen genannten zusammenfassenden Werken gibt es über Neuraltherapie über 10.000 Veröffentlichungen!